Urban Development

«Ein Stück Paradies für alle im Osten der Stadt»

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Melanie Diem (rechts im Bild) arbeitet an Urban-Development-Projekten

Interview: Anina Torrado Lara

Foto: Anna-Tina Eberhard / GSI Architekten AG

Melanie, warum eine Zwischennutzung?

Die Zwischennutzung ist eine Chance für die Stadt. Das Ziel ist, dass jede und jeder Stadtbewohner daran mitwirkt: als Gast oder als Initiant/in. Das Areal Bach ist eine Spielwiese nicht nur für die Kreativen, sondern für alle. Es ist ein Labor der Ideen und ein Freiraum mit Pioniercharakter.

Und warum am Bahnhof St.Fiden?

Es ist wichtig, dass auch im Osten der Stadt ein grüner Begegnungsort entsteht, wo Eltern und Senioren ins Gespräch kommen, oder wo der interkulturelle Austausch ungezwungen stattfinden kann. Das Areal Bach ist auch die Verbindung zwischen den beiden Quartieren St.Fiden und Heiligkreuz. Warum dieses grosse Areal so trostlos lassen, wenn man es für längere Zeit zwischennutzen und einen Mehrwert für die Bevölkerung schaffen kann?

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Das heute etwas trostlos wirkende Areal rund um den Bahnhof St.Fiden

Wie entstand die Idee für die Zwischennutzung?

Die Stadt St.Gallen führte 2017 einen Wettbewerb für eine Testplanung des brachliegenden Areals beim Bahnhof St.Fiden durch. Einer der teilnehmenden Architekten hatte eine super Idee: Im Gallustal soll eine Stadtwildnis entstehen! Die Idee hat sich im Quartier in den Köpfen festgesetzt. Schliesslich machte der Quartierverein Nordost-Heiligkreuz Nägel mit Köpfen und kam auf uns zu, um das Projekt gemeinsam zu entwickeln.

Wie soll diese Stadtwildnis aussehen?

Die Wildnis ist nicht ganz so wild (lacht). Es soll ein grosser kunterbunter Mix entstehen. Eine wilde Blumenwiese mit heimischen Gräsern und Büschen. Eine biodiverse Naturoase mit Gehölzern, Pflanzen und Bachläufen. Ich stelle mir Insekten, Schmetterlinge und Vögel vor, die angelockt werden.

Warum braucht es mehr Grün in der Stadt?

Der Osten hat noch keine grüne Insel wie das Zentrum oder der Westen. Bei einer Stadtverdichtung ist es wichtig, dass sich auch die Freiräume mitentwickeln. Und eine Stadt wie St.Gallen benötigt innovative Zukunftsideen und eine Klima-Anpassungsstrategie. Wasser, Grünflächen und Bäume reduzieren die gefühlte Temperatur wesentlich. St.Fiden ist eine Hitzeinsel in der Stadt St.Gallen. Smarte Städte wie Wien oder Mailand gehen mutig voran und investieren massiv in die Neuanpflanzung von Bäumen, um die Lebensqualität für Mensch und Tier zu steigern.

Was wird sonst noch auf dem Areal Bach stattfinden?

Die Fantasie der Bevölkerung ist gefragt! Das Areal Bach kann man als Balkonersatz, als Vereinstreffpunkt, für innovative Projekte wie einen Stadtcampingplatz, ein Tiny House-Projekt oder einen Seniorengarten nutzen. Das sind die Mieterflächen. Auch wünschen wir uns eine Veranstaltungswiese für Stadt- und Quartieranlässe wie Märkte, Freilichtkino, Sharingprojekte. Ein aktiver Bereich mit Wasser-/Dreckspielplatz oder ein Natur-Pumptrack wären ebenfalls schön.

Klingt toll! Wie kann ich mitmachen?

Mein Motto ist: Machen statt nur drüber reden! In dem Sinne freuen wir uns auf Nutzungsideen. Es hängt nun ganz von der Bevölkerung und der Finanzierung ab, was aus dem Areal Bach entsteht. Am besten ist es, man meldet sich bei mir mit seinen Ideen, wir besprechen es und teilen dann einen «Blätz» Land zu fairen Konditionen zu. Auch kann man mitmachen und Gönner für die Renaturierung werden, Patenschaften für Bäume oder Wiesenflächen übernehmen. Wir suchen noch Personen, Institutionen und Unternehmen, die sich beteiligen möchten, finanziell oder mit Materialspenden. Eine Gärtnerei kann zum Beispiel Pflanzen spenden, eine Privatperson eine Baumpatenschaft übernehmen, auch aktive Freiwilligenarbeit wie die Mithilfe beim Bau des Pumptracks oder der Spielräume ist herzlich willkommen!

Rufen bereits Interessenten an, die das Areal nutzen wollen?

Ja, es gibt fast täglich Anfragen. Wichtig ist, dass man sich zuerst gut überlegt, wie eine Aussennutzung aussehen könnte und sich dann mit konkreten Ideen meldet.

Was sind die nächsten Schritte?

Wir gründen einen Trägerverein und stellen eine Betriebsgruppe zusammen, die das Ganze führen wird. Dann wird das Fundraising aufgegleist. Wir arbeiten eng mit der Stadt und den zuständigen Ämtern zusammen, um dieses grosse Projekt zu realisieren. Natürlich legen wir auch grossen Wert auf gute Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn: dem Migros St.Fiden und den SBB, denen das angrenzende Grundstück zu den Gleisen gehört.

Und was passiert nach der Zwischennutzung?

Wir geniessen das tolle Areal Bach, bis die Stadt die Baueingabe für die Zukunftsentwicklung St.Fiden einreicht. Es liegt beim Stadtrat zu entscheiden, was mit dem Areal dann passiert.

Über Melanie Diem

Melanie Diem war Drogistin, bevor sie in die Versicherungsbranche einstieg. Schon immer hatte sie ein Flair für feine Geschmäcker und gutes Essen aus ehrlichen Zutaten. Sie liess sich zur Gastronomie-Unternehmerin ausbilden und gründete das Kafi Franz mit. Dieses führte sie sechs Jahre lang, bevor sie sich zur Kreativ-Unternehmensberaterin weiterentwickelte. Als Co-Gründerin des Vereins Leerraum belebte sie zunächst leerstehende Ladenlokale in der Stadt St.Gallen. Heute verantwortet sie als Projektentwicklerin bei GSI Architekten AG Urban-Development-Projekte wie die Zwischennutzung Areal Bach und die Grünstudie St.Gallen.

Interessierte können sich direkt auf der Webseite informieren und sich bei Melanie Diem melden: md@gsi-architekten.ch oder Tel. 071 246 60 18.