Douala, Kamerun

„Donner Espoir“ Kinderkrippe in Kamerun

Douala_zukunft

Planung: 2022
Pilotprojekt: Frühling 2023
Fotografien: Agathe Schilter

Die Kinderkrippe von Donner Espoir ist ein einzelnes, überschaubares Projekt inmitten der Grossstadt Douala. Douala ist die ehemalige Hauptstadt Kameruns und bildet als Wirtschaftsmetropole das Finanz-, Industrie-, Handels-, und Kulturzentrums des zentralafrikanischen Staates. In der Grossstadt leben rund 2.7 Millionen Menschen auf rund 210 Quadratkilometern. Das kleine Projekt der Kinderkrippe von Donner Espoir soll in der Millionenmetropole zum Vorbild werden.

Der Verein Donner Espoir möchte eine Kinderkrippe mit integriertem Kindergarten in Douala, Kamerun, realisieren. Ein Refugium für Kinder inmitten einer Grossstadt hat eine grosse Hebelwirkung und trägt zur Verbesserung der Lebensqualität einer fragilen Gesellschaft bei. Das niederschwellige Projekt soll direkt von den Menschen vor Ort umgesetzt und betrieben werden können. Das schafft sowohl Arbeitsplätze wie auch gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Ein bestehendes Mietobjekt statt einem Neubau bietet die Räumlichkeiten und hält die Investitionskosten minimal sodass das Projekt schnell umgesetzt werden kann.

Investiert wird nebst der Ausstattung für einen funktionierenden Betrieb ebenfalls in die Pflanzung eines üppigen Gartens im Hof der Kinderkrippe, in dem die Kinder die verlorene Natur der Megacity Douala erleben dürfen. Der Garten soll einen signifikanten Beitrag zur Selbstversorgung der Krippe mit gesunden Frischprodukten leisten. Ebenso sollen die Kinder miterleben dürfen, wie in mitten der Stadtwüste eine Oase Schritt für Schritt heranwächst. Die entstehende Idylle soll den Menschen Hoffnung schenken und möglichst die Eigeninitiative zu weiteren Pflanzungen fördern.

Die erste Kinderkrippe hat Pioniercharakter für weitere Projekte. Das erarbeitete Konzept ist skalierbar und somit in vielen Quartieren von Douala aber auch in anderen Städten anwendbar. Die Krippen lassen sich auch in politisch instabilen Ländern niederschwellig integrieren und helfen der leidenden Gesellschaft.

Kooperation mit „Grünes Gallustal“

Die Klimakrise und der Artenschwund sind globale Probleme. Was in St.Gallen ein klar spürbarer Hitzeanstieg ist, äussert sich in Douala als Extremhitze. Wo uns 60’000 Bäume in St.Gallen fehlen, sind es mehrere Millionen in Douala. Der Klimawandel hat also für viele Menschen weit einschneidendere Folgen als für uns. St.Gallen kann Douala unterstützen, um die Folgen des Klimawandels erträglicher zu machen und den Verlust der Arten zu stoppen.

Das Team „Grünes Gallustal“, bestehend aus Martin Arnold, Regula Geisser und Angela Zeier, möchte zeigen, dass die Konzepte zum ökologischen Ausgleich in den Städten global viele Parallelen haben.

Das Konzept von stadtweit verteilten „Squares“ kann auch in Douala angegangen werden. Kleine Pilotprojekte gehen voran. Sie werden Quartier um Quartier ergänzt, bis ein ganzes Netz aus grünen Oasen entstanden ist.

Erst, wenn die einheimische Bevölkerung direkt von den Gärten profitiert, werden diese geschützt und gepflegt. Das Konzept der Kinderkrippen involviert viele Menschen, die den Ort schützen werden.

Anglophone Krise

2016 eskalierten wütende Proteste gegen die frankophone Dominanz in Kamerun und mündeten bald darauf in bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen anglophonen separatistischen Gruppierungen und der Zentralregierung. Der Konflikt zwischen dem französischgeprägten Mehrheitsstaat und den kleineren englischgeprägten Landesteilen schwelt schon seit Jahrzehnten.

Bis 1926 war Kamerun eine deutsche Kolonie. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Niederlage des Deutschen Kaiserreichs übergab der Völkerbund das Gebiet an die Siegermächte Frankreich und Grossbritannien. Das frankophone (französischsprechende) Kamerun wurde 1960 unabhängig. Das britische Kamerun musste sich 1961 in einem Referendum zwischen der Angliederung an Kamerun oder Nigeria entscheiden. Die Option der Unabhängigkeit gab es bei der Volksbefragung nicht. Das nördliche britische Kamerun wählte Nigeria, das südliche den Anschluss an Kamerun. Von da an bestand Kamerun aus dem französischsprachigen Ostkamerun und dem englischsprachigen Westkamerun.

Ein funktionierendes Bildungssystem fehlt in der international nicht anerkannten Republik: Nach Angaben von UNICEF sind dort mehr als 80 Prozent der Schulen geschlossen, weil einige separatistische Gruppierungen Schulen als verlängerten Arm der verhassten Regierung sahen und sie daher blockierten oder angriffen. Mehr als 855’000 Kinder können als Folge des Boykotts nicht mehr zur Schule gehen.

 

Grossstadt in Zunehmendem Elend

Die anglophone Krise schafft einen bürgerkriegsähnlichen Zustand im Nordwesten des Landes. Die Menschen aus diesen Regionen verlassen ihre Dörfer und flüchten u.a. in die Hafenstadt Douala. Familien werden zerrissen, der soziale Zusammenhalt ist nicht mehr gegeben, die Arbeitsteilung im Umkreis der Familie – sodass auch Frauen arbeiten können – funktioniert in der Stadt nicht. Die Folge davon ist soziale und wirtschaftliche Armut.

Die Kinder sind die grössten Leidtragenden. Sie wachsen in engen, grauen Höfen auf und haben wenig Kontakt zu den Kindern im Quartier. Es gibt keine Freiräume zum Spielen, denn auch die Strassen sind verkehrsbelastete Unorte und die Sicherheit ist nicht garantiert. Schon die Kleinkinder sind mit Perspektivenlosigkeit konfrontiert. Zwei von drei Kindern werden nie die Möglichkeit haben später in die Schule zu gehen.

Trotz der sich immer verschlechternden Lage im Land steht Kamerun nicht auf der Liste der humanitären Katastrophengebiete. Die prekären Bedingungen für die Jugend darf man keinesfalls aussen vorlassen, den die Zukunft jeden des Landes baut auf den Kindern auf. Ein Investment ist dringend.

Douala steht für viele leidende Megacities, die im Schatten der humanitären Katastrophengebiete vergessen gehen. In diesen Gegenden kann man vorbeugend Schlimmeres verhindern und die Situation für die Gesellschaft kurz- und langfristig verbessern.

Flucht nach Douala

Durch den Bürgerkrieg sind viele Menschen aus Esu, das sich im Nordwesten Kameruns befindet, in die sichere Hafenstadt Douala geflüchtet. Die von Agathe aufgebaute Nähschule, das kleine Krankenhaus und das Wasserreservoir sind vom Krieg nicht verschont geblieben und wurden zerstört. Von der abwechslungsreichen und idyllischen Landschaft, woher die Geflüchteten kommen, ist in der Millionenstadt Douala nicht viel zu spüren. Vielmehr zeigt sich ein karges Bild mit wenig Vegetation.

Das Projekt Donner Espoir verfolgt das Ziel, Freiflächen wiederaufzuforsten und zukünftigen Generationen den Zugang zu Bildung und Erziehung zu ermöglichen. Der Verein setzt sich speziell in Kamerun für den Aufbau einer Kinderkrippe ein. Er hat potenzielle Liegenschaften besichtigt und ein Konzept zur Erstellung einer Krippe erarbeitet.

Herkunftsort Esu

Esu ist eines von vielen Dörfnern im Nordwesten Kameruns, das von der anglophonen Krise betroffen ist. Agathes Familie (Präsidentin Donner Espoir) stammt aus diesem Dorf. Hier wohnten die Menschen in Einklang mit der Natur und lebten von den landwirtschaftlichen Erträgen der intakten Umgebung.

Heute leben nur noch wenige Menschen im Dorf, die meisten sind aufgrund der gefährlichen Lage nach Douala oder Yaoundé geflohen. Der Häuptling, ein Cousin von Agathe, und seine Frau wurden 2022 Opfer von Gefechten. Die Tochter des verstorbenen Häuptlingpaars wird von Agathe unterstützt und darf nun in der Schweiz dank eines Stipendiums Medizin studieren. Sie hilft im Projekt Donner Espoir bei der Krankenstation mit.

Es war ein lebendiges Dorf mit archaischen Strukturen. Die Menschen trafen sich zum Markttag und an Festen. Sie hielten Beratungen beim Chief zuhause ab. Das dörfliche Leben hat gut funktioniert, obschon die Leute mit der Armut und vielen Entbeehrungen leben mussten. Agathe hat bis 2016 regelmässig ihr Dorf besucht und Beratungen mit dem Häuptling zur Verbesserung der Lage abgehalten. So haben sie zusammen das Projekt der Nähschule zum Leben erweckt. Aufgrund der gefährlichen Lage in Esu gibt es keine aktuelleren Bilder vom ehemaligen Herkunftsort.