Amriswilerstrasse, Egnach (TG)

Wettbewerb Neubau Kindergarten

080_10 Kopie

2. Rang Projektwettbewerb 2016

Entlang des Wilerbachs spannt sich von der Luxburg her ein prägnanter Grünzug auf. Im Kontext des bestehenden Kindergartens springt die Vegetation über den Strassenraum und findet hier dank mächtigen Laubbäumen einen räumlichen Abschluss rund um die ursprünglich landwirtschaftlich geprägten Gebäude. So verbindet der auenartige Grünzug die Seemündung des Wilerbachs mit dem Landschaftsraum des Kindergartens. Diese einmalige Situation der übergeordneten Vegetationsvernetzung soll durch eine naturnahe Aussenraumgestaltung und darin eingebeteten Gebäudekubus, zum Ausdruck gebracht werden.

Einfacher Kubus im Grünen

Durch die sorgfältige Einpassung des quadratischen Solitärs zwischen den erhaltenswerten Bäumen wird das Projekt mit dem Ort verwurzelt. Der Neubau wird dabei grosszügig vom vielfältigen Grünraum umspielt und integriert sich durch das Rückversetzen und Abwinkeln von der Strasse in die lockere, ländliche Bebauungsstruktur. Die Ankunft erfolgt von der Bahnhofstrasse über einen Weg durch das ausgedehnte Gartenareal. Dies schafft Raum für die ankommenden Kinder und separiert diese von der Strasse und Parkierung.

Holzbau und Faltdach

Der eingeschossige Holzbau schwebt leicht abgehoben über dem Gartenniveau. Aus dem hölzernen Quader werden zwei Volumen herausgeschnitten. Sie bilden die gedeckten Aussenbereiche der beiden Kindergärten. Als Äquivalent zu den Ausschnitten prägen die grosszügigen Verglasungen der beiden Kindergartenräume die weiteren Fassaden und verbinden somit Innen- und Aussenraum. Die Gebäudeecken werden durch geschlossene Fassadenelemente betont und fassen das Volumen.
Die Gestaltung wird durch Anordnung und Horizont der Fenster und Durchgänge, sowie durch die Raumzonierung auf den Massstab der Kinder gebracht. So bieten die Nischen und verschiedenen Orte im Raum kindgerechte Aufenthaltsbereiche und Rückzugsmöglichkeiten.
Der Pavilloncharakter wird durch das überspannendende Faltdach hervorgehoben. Die Dachform schafft eine Verwandtschaft zu den Steildächern der umliegenden Gebäude der Kernzone und erinnert zugleich an ein einfach gefaltetes Blatt Papier. Dieses Merkmal zeichnet das Gebäude aus und macht es als öffentliches Gebäude, sowie als Kindergarten erkennbar.

Raumkontinuum des Kindergartens

Über den grosszügig gedeckten Aussenraum betreten die Kinder die Garderobe. Dieser erste strukturelle Raumblock bildet den Windfang und schafft durch seine geschlossene Haltung einen privaten Ankunftsort. Der Kindergarten und in umgekehrter Richtung die Aussenanlagen werden immer über die Garderobe erschlossen. Dies generiert für die Kinder und die Lehrperson funktionell den Vorteil, dass beim Betreten oder Verlassen des Gebäudes sinnvollerweise die Umkleidezone durchgangen wird.
Im Innern erfolgt dank gliedernden Kernen eine kindgerechte Raumkomposition. Im Zentrum ist der rechteckige Grossraum. Flankierend sind die Kleinräume situiert. Der Gruppenraum bildet einen zweiten strukturellen Raumblock mit ruhiger Raumatmosphäre. Zwei Raumnischen beherbergen die Küchenzone und eine mögliche Spielnische.

Zentraler Raumblock

Dienende Räume beider Gruppen sind im gemeinsam genutzten Hauptkern situiert und können von beiden Seiten begangen werden. Die Toilettenanlagen sind in Eingangsnähe untergebracht. Der Technikraum ist leicht abgesenkt und bildet auf seinem Deckel eine hochliegende Raumnische und weiteren Rückzugsort für die Kinder.

Nutzbare Wände

Aussen- wie Innenwände sind gleich dimensioniert. Sämtliche Innenwände können mit Gestellen und Kastenfronten bespielt werden. Spielsachen, Bücher und Werkmaterialien werden ohne zusätzliche Möbel an unmittelbarer Stelle untergebracht.

Vernetzung Innen Aussen

Die grosszüge Aussenraumanlage lädt zu einem engen Bezug von Innen und Aussen ein. Übergangsräume schaffen eine geeignete Verbindung. So wird das Raumprogramm durch einen weiteren gedeckten Aussenraum im Süden abgerundet. Neben dem zusätzlichen Lichteinfall in den Kindergartenraum bietet der gedeckte Aussenraum den Vorteil einer vielseitig brauchbaren Fläche, insbesondere bei regnerischem oder windigem Wetter.
Der Kindergartenhauptraum ist zu einem geschützten Naturraum abseits der gemeinsamen Aussenanlagen orientiert. Voneinander unabhängig und entsprechend ungestört können in diesen Bereichen die Gruppen Unterricht im Freien abhalten.

Vielfältiger, naturnaher Aussenraum

Rund um das Gebäude werden zonierte, kindergerechte Aussenräume mit unterschiedlichen Qualitäten und Stimmungen angeboten. So geht der Rasenplatz fliessend in die Sandanlage, Pflanzbeet und Wäldchen über. Heckenzüge und Baumgruppen bilden Zonierungen. Das Grundstück profitiert dabei von den umliegenden Gartengestaltungen und wird somit optisch stark erweitert. Die einzelnen Zonen orientieren sich dabei an den auf den Nachbargrundstücken bestehenden Nutzungen und sind entsprechend orientiert. Das Pflanzbeet befindet sich beispielsweise im nördlichen Bereich, in dem entsprechende Nachbar Gärten anschliessen . Der Hartplatz ist in dieser Konsequenz in Strassennähe angeordnet. Die Umgebung erreicht durch die Integration bereits bestehender Büsche und Bäume in die Gestaltung eine hohe Nutzungs- und Aufenthaltsqualität. Die Aussengeräte befinden sich in einem freistehenden Pavillon. Veloabstellplätze können bei Bedarf später in Parkplatznähe angeordnet werden.

Erweiterung Schule

Im Falle einer bedarfsgerechten Erweiterung der Schule wird diese auf das Kindergartenvolumen aufgestockt. Durch diese Intervention wird das Volumen des Kindergartens in einer ersten Etappe nicht an den Rand gedrängt und im folgenden, parallelen Betrieb werden zeitliche Nutzungskonflikte vermieden. Zudem wird trotz Erweiterung die Umgebungsfläche nicht gemindert. Im Bezug auf die höhere Nutzungsdichte durch mehr Kinder ist ein entsprechend grosser Umschwung umso wertvoller.
Dank Einbezug der Planung einer möglichen Erweiterung in der ersten Phase können Synergien clever genutzt werden. Neben der erweiterungsfähigen Haustechnik wird sinnvollerweise schon jetzt beim Erstellen des Kindergartens für den barrierefreien Lift im Putzraum eine Raumreserve ausgeschieden. Die Elemente des Faltdaches werden bei der Erweiterung vor Ort gelagert und ein Geschoss höher wiederverwendet.

Konstruktion / Materialisierung

Strukturell einfache Holzelemente folgen der Vorgabe betreffend Kosten und Nachhaltigkeit (Mingergie-P-Eco). Neben der kurzen Bauzeit vor Ort und der Reduktion auf die notwendigen Schichten wirken sich bei der Erstellung, wie auch dem Unterhalt, die einfache Zusammenfassung aller Installationen in der Kernzone vorteilhaft aus. Es ist ein nachhaltig unterhaltsarmer und wirtschaftlicher Betrieb zu erwarten.
Die universale Wirkung der Naturholzoberfläche erzeugt eine harmonische Raumstimmung und optimale Akustik. Die Architektur schafft mit einer zurückhaltenden Gestaltung maximalen Raum für die Gestaltungsmöglichkeiten des Kindergartenbetriebs.

Haustechnik

Neben der Heizung mittels Erdsonden sorgt die Lüftung für ein angenehmes Raumklima.
Die Belüftung der Räume wird mithilfe von in der Decke und im Boden integrierten Zu- und Abluftkanälen betrieben. Lüftungsauslässe sind dabei, wie die Grundbeleuchtung, in den Schattenfugen der Einbauten und der Decke unsichtbar integriert.